Eine äußerst missliche Lage, in die Django dort geraten ist. Kopfüber in schweren Metallketten gefan gen, baumelt er hilflos an einem Balken, in einer stickigen Scheune irgendwo in Mississippi. Angstschweiß und Tränen mindern das schwankende Blickfeld unseres Helden, das jäh von den eleganten Cowboy-Stiefeln seines Peinigers durchbrochen wird. Das metallene Klimpern der hochglanzpolierten Sporen auf dem staubigen Holzboden, bedeutet für Django nichts Gutes…
Der Wilde Westen war kein Zuckerschlecken. Schon gar nicht in Quentin Tarantinos Amerika von 1858, kurz vor Ausbruch des Bürgerkrieges, wo grausame Weiße ihre Sklaven foltern, Peitschen den Rücken zerfetzen, Mandingo-Kämpfe dem Zeitvertreib dienen und Bluthunde Menschen zerfleischen – stets begleitet von Tarantinos Vorliebe für meterhohe Blutfontänen. Kurz gesagt: Es fließt Blut, sehr viel Blut. Auch wenn Tarantino in seinem aktuellen Film „Django Unchained“ (2012) an vielen Stellen mit den tradierten Bildern eines klassischen Italo-Westerns bricht, so verfügen auch seine Helden über die untrüglichen Insignien der klassischen Revolverhelden. Die Rede ist von Boots, Stiefeletten oder auch Cowboy-Stiefeln. Lange Zeit galten Cowboy-Stiefel als traditionelles Symbol der amerikanischen Kultur, doch erleben sie heute auch in Europa eine Renaissance. Grund genug, die berühmten Herrenstiefel einmal vorzustellen.
Über Mythen und Glorie um die Fertigung der ersten Cowboy-Stiefel
Viele Theorien ranken sich um die Fertigung der allerersten Cowboy-Stiefel. Doch schaffen wir frühzeitig Unklarheiten aus der Welt, bevor wir einen Blick in die Geschichte der legendären Fußbekleidung werfen. Als Cowboy-Stiefel versteht der heutige Schuhliebhaber Stiefel mit einem hohen, häufig verzierten Schaft und einem zumeist abgeschrägten Absatz, der in eine eng zulaufende Schuhspitze mündet – auch eine runde Schuhspitze ist nicht unüblich.
Einige vermuten, die Stiefel wären zuerst durch die fachkundigen Hände von H. J. Justin aus Texas oder Charles Hyer aus Kansas gewandert, immerhin waren beide Herren ihrer Zeit geachtete und wohl geschätzte Schuhmacher. Anlass zu diesen Mutmaßungen gibt bisweilen eine alte Geschichte, nach der ein Viehtreiber auf dem Heimweg in Kansas City Rast machte und Hyer beauftragte, für ihn spitz zulaufende Stiefel mit einem hohen abgeschrägten Absatz anzufertigen. Doch halten wir eines fest: Auch wenn Hyer Stil und Design der Cowboy-Stiefel maßgeblich prägte, so hat er diese doch kaum „erfunden“.
Vom Soldatenschuh zum Arbeitsstiefel
Ursprünglich als Arbeitsschuh gedacht, entwickelte sich der heutige Cowboy-Stiefel in der Mitte des 19. Jahrhunderts aus bereits bekannten Stiefelformen. Zum einen diente der mexikanische Stiefel als Vorbild, zum anderen der Kavalleriestiefel.
Die spanischen Konquistadoren führten im 16. Jahrhundert – abgesehen von Sitten und Bräuchen – auch diverse Gegenstände aus ihrer Heimat in Mexiko ein, so auch die zukünftigen Arbeitsschuhe der nordamerikanischen Viehhirten. Der hohe Schaft schützte die Träger vor den Bissen der Klapperschlangen und den Dornen der heimischen Vegetation; die spitz zulaufende Stiefelspitze erleichterte zugleich den Einstieg in den Steigbügel und sicherte den Halt hoch zu Ross. Einen weiteren Vorzug boten die abgeschrägten Absätze, mit denen sich der Cowboy in den Boden stemmen und das mit dem Lasso eingefangene Vieh bändigen konnte. Allein beim Laufen erwiesen sich die Stiefel noch als beschwerlich. Alsbald wurde der Fersenbereich verstärkt, doch schließlich waren es die Stiefel der Kavallerie, die den spanischen Cowboy Stiefeln zu der heutigen Form verhalfen.
In jenen Tagen hatten die Cowboy-Stiefel noch einen kniehohen Schaft samt einem hohen Absatz. Erst Arthur Wellesley, der Herzog von Wellington, der 1815 Napoleon bei Waterloo besiegen sollte, beauftragte seinen Schuhmacher bequeme Reitstiefel für ihn anzufertigen. Die nunmehr wadenlangen Stiefel mit niedrigem Absatz erlangten als Wellington-Boot zuerst in begrenzten Kreisen Bekanntheit, doch trugen sie schon bald die Mehrheit der nordamerikanischen Soldaten. Auch nach dem Krieg gerieten die Stiefel nicht in Vergessenheit. Unterlagen der V-förmige Schafteinschnitt und auch die Absatz- und Schafthöhe den wechselnden Moden, erreichten Cowboy-Stiefel mit Beginn des 20. Jahrhunderts schließlich ihre heut übliche Form.
„These boots are made for walking“
Auch wenn Nancy Sinatra schon 1966 die Faszination um die legendären Cowboystiefel verewigte, steht eines fest: Es gibt Männer, die Cowboystiefel tragen. Andere werden es niemals tun. Gewiss eignen sich jene extravaganten Herrenschuhe weniger für das Büro, doch sichern sie ihrem Besitzer bei einem Spaziergang durch die Innenstadt, in Gesellschaft mit Freunden oder auch während eines Wochenendtrips die Blicke der anderen. Cowboy-Stiefel verleihen ihrem Träger nicht nur einen individuellen Charakter, sondern wirken sich auch positiv auf die Körperhaltung aus. Wie selbstverständlich legt Mann sonstige (förmliche) Gehgewohnheiten ab und macht sich die charismatische Aura zu eigen, die ein Paar Cowboy-Stiefel verströmt. Merke: Ein Mann geht nicht einfach nur in Cowboy-Stiefeln, er hinterlässt Spuren.