Bevor Mann galant auf dem Absatz kehrt machen konnte, zogen einige Jahrtausende Schuhgeschichte ins Land. Heute bestimmt – neben der Farbe, Form und dem Material – der Absatz entscheidend die Optik eines Schuhs. Die ersten überlieferten Schuhe kannten zwar noch keinen Keil-, Block- oder Golf-Absatz, doch deuten Quellen auf eine alte Schuhmacherkunst im Ägypten der Antike hin, die schon hohes Schuhwerk zu Tage brachte – dauerhaft konnte sich die hohe Sohle allerdings noch nicht etablieren.
Auch wenn Form und Machart des Schuhwerks den herrschenden Modestilen und Epochen unterlagen, blieb das flache Schuhmodell über Jahrhunderte hinweg die bevorzugte Fußbekleidung. Einem aufmerksamen Betrachter war es durchaus möglich, anhand der verwendeten Verzierungen und Stilelemente Aufschluss über den gesellschaftlichen Rang des Trägers zu erhalten, doch unterschieden sich Aristokrat und Bürger nicht im Hinblick auf die Schuhhöhe voneinander. Dies änderte sich mit der Etablierung des Absatzes.
Und wer hat’s erfunden?
Wie, wann, wo und warum das allererste Paar hoher Schuhe zum ersten Gang ansetzte, ist nicht eindeutig belegt. Einige Wissenschaftler verdächtigen den Universalgelehrten Leonardo Da Vinci als Urheber, wohingegen andere Fundstücke wiederum belegen, dass bereits hellrote Absätze die Schuhe des mongolischen Reitervolks im 12. Jahrhundert zierten und ihnen zu einem besseren Halt im Steigbügel verhalfen. Eine weitere Theorie legt nahe, dass hohe Schuhe zuerst im 16. Jahrhundert in Spanien getragen wurden und sich von dort aus nach England, Frankreich und Italien verbreiteten. Zweifellos bekannt ist jedoch, dass Absätze die Schuhe der florentinischen Katharina de Medici zierten.
Ein Schuh geht in die Geschichte ein …
Als Katharina de Medici 1533 in Paris zum Traualtar schritt, erregte die zukünftige Gattin von Heinrich II. weniger aufgrund ihrer natürlichen Erscheinung Aufsehen. Doch wusste sich die zierliche Katharina nach Jahren des Arrests mit Bravour in Szene zu setzen: Die 14-Jährige ließ sich Absätze an ihre Hochzeitsschuhe anbringen und versetzte damit die Gäste allseits in Entzücken.
Der Schuh, den Katharina de Medici auf ihrer Hochzeit trug, war eine Art Galosche mit einem stelzenartigen Holzblock, der den gesamten Fuß erhöhte und der zukünftigen Monarchin bereits vor der Regentschaft zur königlichen Größe verhalf. Schon kurze Zeit später fanden die florentinischen Plateauschuhe nicht nur in der Damenwelt reißenden Absatz.
…und erobert die Modewelt.
Während das Schuhwerk der französischen Monarchin in ihrer Blütezeit eine Absatzhöhe von mindestens 40 Zentimetern erreichte, avancierten hohe Schuhe unterdessen zu einem Barometer des gesellschaftlichen Ranges. In Adelskreisen galt die Faustregel: je höher der Absatz, desto blaublütiger der Träger. Andere Quellen legen dagegen nahe, dass die höchsten Absätze heiratsfähigen Frauen zustanden – möglicherweise sollten sie der Trägerin eine bessere Aussicht auf potentielle Heiratskandidaten gestatten.
Um das Jahr 1600 etablierte sich auch bei dem männlichen Pendant ein Blockabsatz. Unter den Trägern erfreute sich die hohe Sohle vor allem deswegen großer Beliebtheit, da er junge Herren vornehm erscheinen ließ und Soldaten zu einem besseren Halt im Steigbügel verhalf.
Nicht unerwähnt in der Geschichte der hohen Schuhe darf auch Ludwig XIV. bleiben, für den der königliche Hofschuhmacher extra Schuhe mit roten Absätzen anfertigte. Der rote Absatz galt als Hoheitszeichen und durfte ausschließlich die Schuhe von Angehörigen der Aristokratie zieren. Angeblich blieb die höchste Absatzhöhe allein dem „Roi Soleil“ selbst vorbehalten, was in nicht unwesentlichem Zusammenhang mit seiner kleinen Statur stand. Zurück zum Schuhwerk. Im Frankreich des Ludwig XIV. trugen bereits Männer wie Frauen mit Vorliebe Schuhe mit Absätzen.
Schützte der Schuhabsatz in erster Linie die Kleidung der Bourgeoisie vor Dreck und Nässe, wurde die Fußbekleidung des hohen Adels sogar mit Edelsteinen und Goldfäden verziert. Mit der Französischen Revolution war auch der Absatz für lange Zeit passé und wich flachem, bequemerem Schuhwerk. Erst zu Beginn des 19. Jahrhunderts konnte sich der Absatzschuh erneut durchsetzen und ist heute nicht mehr aus der Schuhmode wegzudenken.
Tausendundein hoher Schuh
Ähnlich wie bei Material und Schnitt unseres Schuhwerks verfügt heute auch der Absatz über etliche Variationen. Zuweilen wird ein bequemer Herrenschuh mit flachem Absatz noch als „Trotteur“ bezeichnet. Auch wenn der Träger nur in Ausnahmefällen in ein tatsächliches „Trotten“ oder gar „Traben“ verfallen mag, wie uns die französische Bezeichnung nahe legt, befähigt uns ein bequemer Absatz allemal zu einem schnellen Gang. Im Gegensatz zu den teilweise schwindelerregenden Höhen des Sonnenkönigs ist der männliche Herrenschuh heute zwar verhältnismäßig flach und unauffällig, doch eignet er sich damals wie heute hervorragend für einen galanten Auftritt.