Im Leben eines jeden Schuhliebhabers stellt sich einmal unweigerlich die Glaubensfrage. Lässt man die feine Ledersohle zusätzlich mit einer Gummischutzsohle ausstatten? Oder aber soll die Laufsohle eben gerade so, wie sie der meisterliche Schuhmacher einst schuf, die Lasten des Alltags (er)tragen. Ein überaus heikles Thema, an dem sich die Geister bis heute scheiden…
Ledersohlen sind für edle Herrenschuhe obligatorisch
Früher Gang und Gäbe ist die Ledersohle heute in Zeiten von billig verklebten Plastiksohlen aus Fernost längst keine Selbstverständlichkeit mehr. Passionierte Schuhbesitzer wissen jedoch, dass ein klassisch rahmengenähter Herrenschuh nicht ohne eine ebenso hochwertige Lederlaufsohle auskommt. In der Schuhwelt gilt daher die Prämisse: je höher der verwendete Lederanteil, desto höher auch die Qualität. Das schließt eine abriebfeste Ledersohle mit ein. Gemeinsam mit Ober- und Futterleder sowie der Brandsohle begünstigt eine Laufsohle aus Leder die Atmungsaktivität des Schuhs.
Im Laufe des Tragetages geben unsere Füße eine beachtliche Menge an Feuchtigkeit ab. Bei Volllederschuhen wird diese Humidität durch die Verwendung feinster Materialien reguliert: Die Feuchtigkeit staut sich nicht im Schuhinneren und kann bis zu einem gewissen Grad über das atmungsaktive Leder austreten. Die Ledersohle unterstützt ein solch’ angenehmes Fußklima und erhöht gleichzeitig die Flexibilität. Darüber hinaus garantiert eine ledernde Laufsohle in Verbindung mit der Korkausballung eine perfekte Passform – sie dämpft den Tritt und ermöglicht es, dass sich der Träger ein individuelles Fußbett buchstäblich erläuft.
Zeigt die Laufsohle über kurz oder lang dann stärkere Abnutzungserscheinungen, kann sie zumindest bei genähten Lederschuhen unkompliziert ausgetauscht werden. Wann eine solche Reparatur vonnöten ist, lässt sich indes nicht pauschalisieren. Tatsächlich richtet sich der Verschleiß nach dem jeweiligen Einsatz, der Statur und vor allem dem Gehverhalten des Besitzers. Die angesprochene Reparaturfreundlichkeit schont hingegen nicht nur erheblich den Geldbeutel, sondern setzt zugleich ein Zeichen gegen die moderne Wegwerfmentalität. Doch ist die Ledersohle nicht „allein“ ein Indiz für die Qualität des Schuhs. Vielmehr fungiert sie unter Kennern als Symbol von Eleganz und Anmut und spricht überdies für das Stilempfinden und Traditionsbewusstsein des Trägers.
Gummisohle schützt die Rahmennaht
Die Diskussion um das Für und Wider der Gummisohle ist eine moderne Erscheinung. Noch vor der Erfindung des Vulkanisationsverfahrens durch Charles Goodyear um 1839 stellte sich die Frage nach einer Gummisohle überhaupt nicht. Erst Mitte des 20. Jahrhunderts wurde die Laufsohle aus Gummi massentauglich und erhitzt seitdem die Gemüter.
Obgleich die Vorteile einer puren Ledersohle unverkennbar auf der Hand liegen, empfiehlt es sich in bestimmten Fällen, die Laufsohle ganz oder zumindest partiell mit einer dünnen Gummisohle zu schützen. Denn während manche Herren auf der blanken Ledersohle unbeirrt ihrer Wege schreiten, bringen andere die Rahmennaht schon nach kurzer Zeit in arge Bedrängnis. In diesem Fall ist eine zusätzliche Gummisohle längst keine Schmach, sondern ein Zeichen der Umsicht. Häufig ist die Gummisohle außerdem so dünn, dass sie von der Seite kaum von einer Ledersohle zu unterscheiden ist.
Für alle Herren, die trotz allem nicht auf die Eleganz einer Ledersohle verzichten, aber gleichwohl die Rahmennaht schonen wollen, lohnt sich die Investition in eine zusätzliche Schutzsohle aus Leder. Die Familiengerberei Joh. Rendenbach Jr. aus Trier fertigt seit 1871 solch’ erstklassige Ledersohlen im traditionellen Eichenloh-Grubengerbverfahren an, die von Schuhmachern weltweit aufgrund ihrer besonderen Strapazierfähigkeit und natürlichen Wasserresistenz verehrt werden.
Tipp: Wer beim Gehen vor allem die Schuhspitze stark beansprucht, sollte ein Stoßplättchen oder Boulevardeisen in Betracht ziehen.
Gummisohle für wetterfestes Schuhwerk
Kündigt sich schließlich die nasskalte Jahreszeit an, kommt der Schuhliebhaber um eine solide Wetterausstattung kaum herum. Ein wenig Nässe hat bekanntlich noch keiner guten Ledersohle geschadet. Auf Dauer zehren Schnee, Eis und Streusalz allerdings selbst an der besten Ledersohle.
Für jene widrigen Bedingungen sind Schuhe mit Gummisohle genau die richtige Wahl. Eine zusätzliche Gummisohle schützt den Schuh vor Feuchtigkeit, hält die Füße trocken und erhöht zugleich die Standfestigkeit. Der Schuhbesitzer hält dementsprechend am besten ein Paar wetterfester Schuhe für die kalte Saison bereit oder lässt seine Ledersohle für den Härtefall mit einer solchen ausstatten.
Wie genau der findige Schuhmacher die Gummisohle auf der Ledersohle fixiert, lässt sich wunderbar in unserem Beitrag »SHOEPASSION.com meets Vibram Gummisohle« nachvollziehen. Eine Alternative zur saisonalen Installation einer zusätzlichen Schutzsohle sind praktische Überziehschuhe aus Gummi, besser bekannt als Galoschen.
Ledersohle vs. Gummisohle – alles eine Frage der Einstellung
Summa summarum bleibt ein gut gepflegter Herrenschuh mit eleganter Ledersohle vor allem zum formellen Anlass die eleganteste Wahl. Auch wenn man vermehrt liest, die Gummisohle habe im Geschäftsleben nichts verloren, ist sie dort mittlerweile durchaus akzeptabel und längst kein Beweis mehr für minderwertige Qualität. Dementsprechend begeht der moderne Gentleman heute auch keinen gravierenden Fauxpas, wenn er sich im Büro mit einer dünnen Gummisohle zeigt. Richtig und falsch gibt es in der Diskussion um eine zusätzliche Schutzsohle schlichtweg nicht, bleibt sie doch letztlich eine Frage des persönlichen Geschmacks.