Pro Tag legen wir durchschnittlich 5.000 bis 6.000 Schritte zurück. Doch anstatt unseren Füßen ihr Tagewerk mit gutem Schuhwerk zu erleichtern, greifen viele lieber auf preiswerte Discountware zurück. Schuhliebhaber wissen indes, dass neben der Lederqualität vor allem die Machart einen hochwertig gefertigten Herrenschuh von seinem geklebten Pendant unterscheidet.
Geklebte Machart garantiert geringe Haltbarkeit und hohe Reparaturkosten
Wie Schuhoberteil (Schaft) und Sohle miteinander verbunden sind, richtet sich in erster Linie nach den jeweiligen Anforderungen, die an das Schuhwerk gestellt werden. Die Produkte einer massenhaften Fließbandarbeit mögen auf den ersten Blick als die günstige Alternative zu einem zwiegenähten oder rahmengenähten Schuhmodell erscheinen. Auf lange Sicht schadet billig verklebte Discountware allerdings nicht nur empfindlich unserem Geldbeutel.
Die Herstellung von preiswerten Massenschuhen geht oftmals Hand in Hand mit der Verwendung von minderwertigen Materialien und einer einfachen Verarbeitung, bei der weder Mensch noch Umwelt unbedingt geschont werden. Wer sich jedoch einmal die Zeit nimmt und einen genaueren Blick auf das Fabrikat von bekannten Billig-Herstellern wirft, entdeckt nicht selten mangelhafte Oberleder, Kunststoffsohlen und sogar Pappe in den unsichtbaren Schuhzwischenräumen. Werden zudem Schuhoberteil und Sohle lediglich miteinander verklebt, sind oftmals ein unangenehmes Fußklima – inklusive Schweißfüße – und eine miserable Passform die Folge. Doch damit noch nicht genug. Selbst bei sorgsamer Pflege zeigt geklebtes Schuhwerk rasch unschöne Anzeichen von Verschleiß und wirkt „ausgelatscht“. Die Möglichkeiten der Reparatur sind äußerst begrenzt, meist landen sie in der Tonne. Kurzum: Preiswert verklebte Fußbekleidung kann oft als vermeidbare Fehlinvestition betrachtet werden, die mehr Kosten schafft, als sie einspart.
Zwiegenähte Machart für robustes, wetterfestes Schuhwerk
Robuste, strapazierfähige Schuhe mit einem sehr dicken Oberleder werden üblicherweise in der zwiegenähten Machart hergestellt, bei der es sich um eine Variante der Rahmennähung handelt. Ursprünglich als Fertigungstechnik von den Inuit entwickelt, bezieht sich die Bezeichnung „zwiegenäht“ indes auf zwei sichtbare Nähte, die Schaft und Sohle miteinander verbinden.
Im Gegensatz zur rahmengenähten Machart wird der Rahmen – ein breiter Lederstreifen – bei der zwiegenähten Bodenbefestigung seitlich an die Brandsohle (Innensohle) genäht. Daher befindet sich die charakteristische Einstechnaht außen auf dem Rahmen und nicht innen auf der Brandsohle. Vor allem Arbeitsschuhe, Bergschuhe und Wanderschuhe werden mithilfe dieser klassischen Machart gefertigt. Sie wirken aufgrund des außen auf dem Schaft aufliegenden Rahmens rustikaler als ein rahmengenähter Volllederschuh.
Durchgenähte Machart für leichtes, sommerliches Schuhwerk
Leichtes und dennoch elegantes Schuhwerk – wie beispielsweise Loafer und Mokassins – kommt dagegen ganz ohne eine doppelte Einstechnaht aus und wird stattdessen „durchgenäht“. Der Name definiert bereits die Machart, bei der Schaft, Brand- und Laufsohle direkt durch den Zwickeinschlag miteinander vernäht werden. Dieses spezielle Verfahren geht auf die von dem US-Amerikaner Lyman R. Blake erfundene und von James McKay 1862 weiter entwickelte Durchnähmaschine zurück. Typisch für jene Durchnähmaschine ist das Metallhorn, das sich beim Nähen im Schuh befindet und am Schaftrand entlanggleitet. In Fachkreisen spricht man daher auch vom „Blake-Verfahren“.
In der Regel verzichten durchgenähte Schuhe auf eine zusätzliche Korkausballung und sind daher in ihrer Anschaffung preiswerter als ihr rahmengenähtes Pendant – zudem sind die Schuhe flexibler und biegsamer. Der Nachteil: Die fehlende Isolierschicht macht durchgenähtes Schuhwerk anfällig für Bodenkälte und -hitze, es mangelt ihm an einem optimalen Fußbett und ist außerdem nicht stoßgedämpft. Die Durchnähnaht stellt darüber hinaus eine direkte Verbindung zwischen dem Untergrund und dem Schuhinneren dar und mindert die Wasserresistenz. Nicht zuletzt die im Schuhinneren spürbare Durchnähnaht könnte sensible Schuhträger stören.
Rahmengenähte Machart für hochwertige Herrenschuhe
Hochwertig gefertigte Herrenschuhe wie Oxford, Derby und Co. erkennt der Fachmann schließlich an der rahmengenähten Machart – auch „Goodyear-welted“ genannt. Dieses traditionelle Verfahren wurde ursprünglich von Andreas Eppler entwickelt und 1872 von Charles Goodyear patentiert. Mittels der Goodyear-Aufdopplungsmaschine werden Schuhoberteil und Brandsohle mit einer unsichtbaren Einstechnaht direkt unter der Brandsohle vernäht. Der namensgebende Rahmen – dabei handelt es sich um einen circa 3 cm breiten Lederstreifen – verbindet wiederum Schaft und Brandsohle mit der Laufsohle (meist aus Leder).
Für klassische Herrenschuhmodelle ist die rahmengenähte Machart ein Qualitätsmerkmal. Zwar mögen solch hochwertig gefertigte Lederschuhe auf den ersten Blick kostspieliger erscheinen als verklebte Fabrikate, doch zahlt sich ihre Investition langfristig aus: Rahmengenähte Schuhe unterstützen gesunde Füße durch ein angenehmes Fußklima, sie bieten aufgrund ihrer perfekten Passform und der Korkausballung ein außergewöhnliches Trageerlebnis und ermöglichen eine kostengünstige und unkomplizierte Reparatur. Im Übrigen blicken rahmengenähte Schuhe auf eine lange Tradition zurück, wie archäologische Funde beweisen. Der älteste überlieferte rahmengenähte Schuh ist jener sogenannte Kuhmaulschuh, der den spitz zulaufenden Schnabelschuh zum Ende des 16. Jahrhunderts in Europa ablöste.
Nicht unerwähnt sollte an dieser Stelle ebenfalls bleiben, dass es sich bei einem traditionell rahmengenähten Herrenschuh um ein Werkstück reiner Handwerkskunst handelt, das in aufwendiger Fertigung von erfahrenen Schuhmachern gefertigt wird. Geklebte Massenprodukte, die in vollautomatischen Fabriken en masse vom Fließband gekehrt werden, spotten dagegen jeglichem Vergleich. Mit der richtigen Pflege avancieren rahmengenähte Lederschuhe zu einem langlebigen und verlässlichen Gefährten, der sich bei genauer Betrachtung indes als günstiger erweist als sein geklebtes Pendant.
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