Der Film- und Theaterschauspieler Bernhard Bettermann gehört zur festen Größe der ARD-Erfolgsserie “In aller Freundschaft“. Doch würde man ihn nur auf die Rolle des charismatischen Dr. Martin Stein reduzieren, man täte ihm Unrecht. Mehr als 50 Kino- und Fernsehfilme hat er seit Ende der 1980er Jahre mit seiner eindringlichen Präsenz bereichert, darunter mehrere Tatorte und die Hauptrolle in der Neuverfilmung von “So weit die Füße tragen” aus dem Jahr 2001. Geboren wurde Bettermann 1965 in Paris, was vielleicht seinen ausgeprägten Sinn für gute Kleidung erklärt. Diesen erkannte auch der Bundesverband der Schuh- und Lederwarenindustrie. Zusammen mit der Schuhmesse GDS verlieh er Bernhard Bettermann den Titel ‚Schuhmann des Jahres 2012‘.
Grund genug für uns, den Schuhmann des Jahres in einer Drehpause zum Gespräch zu bitten. In einem reinen Schuhinterview verrät Bernhard Bettermann wie man diese Auszeichnung erhält, woher sein Modebewusstsein stammt, welche Schuhe ihn durch den bitterkalten russischen Winter begleiteten und warum gutes Schuhwerk in der Sachsenklinik komplett unwichtig ist.
Herr Bettermann, wie wird man Schuhmann des Jahres?
(lacht) Gute Frage, ich kannte die Auszeichnung vorher nicht. Ich wurde informiert, dass sich ein Gremium aus zehn Leuten auf mich verständigt hatte. Mit dabei war auch die Schuhfrau des Jahres 2011, Frauke Ludowig. Vielleicht gab sie der Jury den entscheidenden Tipp.
Der da wäre?
Einen Mann mittleren Alters mit einer gewissen Popularität zu wählen, der eine möglichst breite Kundschaft anspricht und gerne und oft gutes Schuhwerk trägt. Dann fiel da vielleicht mein Name und so wurde ich der Schuhmann 2012.
Ausgezeichnet wurden Sie auf der GDS in Düsseldorf, der größten Schuhmesse in Europa. Welche Erfahrungen haben Sie von dort mitgenommen?
Die Messe hat mich buchstäblich aus den Schuhen geworfen!
Erzählen Sie.
Was da angeboten wurde und wie viel Lust diese Messe auf die Thematik Schuhe macht, ist einfach beeindruckend! Nicht nur die Auswahl der gezeigten Modelle, sondern auch die Akteure der Branche haben mich begeistert. Alles wirkte so familiär und die Kommunikation untereinander verlief auf einem sehr hohen Niveau. Von Konkurrenz und Stutenbissigkeit konnte ich nichts spüren. Vielmehr wirkte es so auf mich, als dass dies ein Come Together der Branche ist, welches unter dem Tenor „Lasst uns alle zusammen Schuhe in das Bewusstsein der Bevölkerung bringen“ stand. Großartig!
Woher stammt eigentlich Ihr Faible für Schuhe?
Ich weiß jetzt nicht, ob man das als Faible bezeichnen kann…
…Moment, ich las irgendwo, dass Sie etwa 60 Paare Ihr Eigen nennen. Der deutsche Durchschnittsmann verfügt lediglich über acht Paar Schuhe und ich kenne genügend Herren die deutlich unter diesem Schnitt liegen.
Wirklich? (lacht) Okay, aber als Faible begreife ich es dennoch nicht. Ich besitze eben Schuhe für jeden Anlass und jede Witterung. Auch schmücke und verkleide ich mich gerne und probiere viel aus. Wenn das nun einige Menschen als eitel bezeichnen wollen, dann bin ich gerne eitel, denn wissen Sie, Schuhe haben eine größere Bedeutung, als wir gemeinhin annehmen.
Wann haben Sie das bemerkt?
Mit 19, also direkt nach dem Abitur, gelangte ich durch Zufall an die Agentur Parker-Sed* in Hamburg und begann dort als Fotomodell zu arbeiten. In den folgenden zwei Jahren beschäftigte ich mich intensiv mit dem Modebusiness und eignete mir ein Bewusstsein für gute Kleidung an und dazu zählen immer auch Schuhe. Übrigens habe ich da auch die Erfahrungen gemacht, dass das andere Geschlecht ganz genau auf unsere Schuhe und deren Zustand achtet.
Heute sind Sie Schauspieler. Welche Rolle spielt da der Schuh?
Gerade im Film- und Fernsehbereich aber auch im Theater besitzt er eine große Bedeutung. Zu meinem Alltag zählt es Geschichten anhand von Figuren zu erzählen, diesen Leben einzuhauchen. Ein Bestandteil der Figurensuche ist die Frage nach dem passenden Schuh, der immer auch etwas über den Charakter eines Menschen verrät.
So in etwa „Zeig mir deine Schuhe und ich sag Dir wer Du bist“?
Ganz genau.
Dann komm ich um die folgende Frage nicht herum. Herr Bettermann, Hand auf´s Herz: Wie halten Sie es mit der Schuhpflege?
Vorneweg: Die klassischen Halbschuhe mag ich eher nicht und wenn hier mit Pflege gemeint ist, wieder den Auslieferungszustand der Schuhe zu erreichen, dann kann ich nur sagen: Ich liebe eine wunderschön natürliche Patina, die ein Zeichen des gelebten Lebens des Schuhs darstellt. Meine Schuhe auf einen künstlichen Hochglanz zu trimmen, daran habe ich absolut kein Interesse Meine Lieblingsschuhmodellen haben das auch überhaupt nicht nötig. Bei allen anderen Schuhen gehe ich so vor, dass ich sie pflege aber nicht verschönere.
Welche Modelle zählen denn zu Ihren Favoriten?
Ich gehöre zu der Generation, die mit Cowboystiefeln groß wurde. Sicherlich habe ich meinen Füßen damit oft sehr viel zugemutet, doch irgendwie bin ich dieser Gattung treu geblieben. Überwiegend finden sich demnach in meinem Schuhschrank Stiefeletten. Gerade als sportbegeisterter Mensch schätze ich es sehr, wenn der Schaft über den Knöchel reicht und meinen Gelenken Stabilität und Schutz verleiht. Nach zwei Bänderrissen bin ich da ein gebranntes Kind. Besonders schätze ich den Chelsea Boot, den ich dank der elastischen Gummizüge rasch an- und auch wieder ausbekomme.
Demnach achten Sie beim Schuhkauf vor allem auf Bequemlichkeit?
Ja und auf den praktische Nutzwert. Ich habe auch deshalb 60 Paar Schuhe, weil ich Schuhmodelle für den Tag, für den Abend, bei Regen, zum Laufen, für die Freizeit … eben für jeden Anlass besitze. Als nächstes muss die Form des Schuhs mich begeistern können. Sie darf gerne extravagant sein. Und natürlich schaue ich auch immer nach neuen Chelsea Boot Variationen, die ich noch nicht besitze und die meiner Kollektion einen weiteren Mosaikstein hinzufügen.
Sie mögen keine glänzenden Schuhe und bevorzugen Stiefeletten. Was macht Bernhard Bettermann, wenn er dann auf einer Einladung zur Galaveranstaltung den Hinweis „Black Tie“ vorfindet?
Da muss ich Sie gleich einmal unterbrechen. Ich mag keine Smokings und dementsprechend hab ich auch nicht das Lackschühchen an. Der Schickimicki-Schnickschnack-Bereich ist nichts für mich. Eher ziehe ich Cowboystiefel zum Smoking an.
Dann brauche ich Ihnen gar nicht mehr mit der Frage nach Ihrer Einstellung zur Etikette à la „No Brown after six“ zu kommen.
Richtig. Ich mag keine Veranstaltungen wo alle gleich gekleidet auftreten. Da werden Sie mich so gut wie nie antreffen. Diesem gesellschaftlichen Druck möchte ich mich nicht beugen. Den alten Kodex halte ich ebenfalls für überholt, schließlich leben wir im 21. Jahrhundert.
Zurück zum Film. Ich kann mich noch sehr gut an Ihre Hauptrolle in dem Film „So weit die Füße tragen“ erinnern. Sie spielen dort den deutschen Kriegsgefangenen Clemens Forell, der aus einem sowjetischen Arbeitslager flieht und einen langen und beschwerlichen Heimweg antritt. Gedreht wurde an vielen Originalschauplätzen bei unangenehmen Temperaturen. Auf welches Schuhwerk vertrauten Sie während des Drehs?
Über einen Freund ließ ich mir im Vorfeld der Dreharbeiten richtig massive und gut gefütterte Jagdstiefel besorgen. Die haben mich damals rund 500 DM gekostet – soviel Geld hatte ich bis dato noch nie für Schuhe ausgegeben – und erwiesen mir phantastische Dienste im bitterkalten Russland. Heute, mehr als 12 Jahre später, besitze ich die Stiefel noch immer und trage sie mit großer Freude im Winter.
Ihre aktuelle Popularität haben Sie der Rolle des Dr. Martin Stein aus der ARD-Erfolgsserie „In aller Freundschaft” zu verdanken. Muss es immer Birkenstock in der Sachsenklinik sein?
So wichtig ist das in der Serie ja nicht. Achten Sie mal darauf: Schuhe sind höchst selten im Bild zu sehen, da rasch auf die Köpfe und damit in die Großaufnahme gegangen wird. Insofern war es schon ziemlich gewagt, mich als Schuhmann 2012 vorzuschlagen. (lacht).
* nette Anekdote am Rande: Die Agentur Parker-Sed ,1968 in Hamburg gegründet, war die erste Modellagentur, die standardisierte Bewerbungsunterlagen für ihre Modelle entwickelte. Der heute gebräuchliche Name Sedcard geht darauf zurück.