Mit den ersten Sonnenstrahlen ist auch die Hochzeitssaison aufs Neue eröffnet. Doch anstatt des traditionellen Rings war es in Südfrankreich über Jahrhunderte hinweg Gang und Gäbe, der Verlobten ein Präsent der besonderen Art zu machen: spitz geschnitzte Schnabelschuhe. Wir erzählen die Geschichte hinter den legendären Holzschuhen von Bethmale.
Die Entscheidung, in den Hafen der Ehe einzukehren, treffen die wenigsten überstürzt. Doch nicht immer endet die Verlobungszeit auch tatsächlich vor dem Altar. Als Zeichen ihrer aufrichtigen Zuneigung pflegten die Herren im südfranzösischen Ariège daher noch bis ins 18. Jahrhundert hinein, ihrer Verlobten ein Paar Holzschuhe zu schenken. Diese Pantinen ähnelten den berühmten Schnabelschuhen mit den kegelförmig zulaufenden Schuhspitzen, wurden allerdings im Unterschied zu jenen wendegenähten Poulaines mit einer besonderen Verzierung versehen.
Die ursprünglichen Holzpantoffeln zierten zahlreiche Nägel und bildeten auf dem Schaft eine deutliche Herzform. Die Schuhe sollten die Liebenden an das eingegangene Treueversprechen erinnern: je schärfer die Spitze, umso aufrichtiger galt die Liebe. Obgleich selbst geschnitzt, handelt es sich bei diesem Verlobungsgeschenk eher um ein ungewöhnliches Liebespfand, doch beruhen jene absatzlosen Holzschnabelschuhe auf einem jahrhundertealten Brauchtum.
Blutende Herzen – Die Holzschuhe von Bethmale
Laut Überlieferung befand sich zur Zeit der maurischen Herrschaft im Tal von Bethmale, einer Region in Ariège, ein Hort des christlichen Widerstandes. Um die Aufständischen zur Raison zu bringen, sammelte der Sohn des muslimischen Herrschers, Boedbit, seine Truppen und zog in den Kampf nach Bethmale. Dabei kreuzte ein Mädchen von ungewöhnlicher Schönheit seinen Weg, Esclarelys, deren Name soviel wie Lilienstern bedeutet. Allerdings war Esclarelys bereits einem anderen versprochen. Ungeachtet der bereits geknüpften Bande, floh Boedbit mit der Holden in die Berge und vergaß seinen eigentlichen Auftrag.
Eine einmalige Gelegenheit für die Aufständischen, die in Abwesenheit Boedbits das maurische Lager einnahmen und die Soldaten in Ketten legten. Wie es der Zufall so wollte, war der siegreiche Feldherr Danaerts kein geringerer als der gehörnte Verlobte eben jener schönen Esclarelys, der nun auf Vergeltung für seine Schmach sann. Getrieben von Rachsucht, gab Danaerts den Befehl, die Gefangenen gemeinsam mit allen heiratsfähigen Frauen des Dorfes zu versammeln. Als er an der Menge vorbei schritt, sah man an den Spitzen seiner Holzschuhe zwei blutige Fleischstücke stecken. Danaerts hatte das entflohene Paar ergreifen und ihnen zur Abschreckung die Herzen herausschneiden lassen – ihre Körper warf er den wilden Tieren vor.
Noch heute werden in Anlehnung an jene Begebenheit die legendären Holzschuhe in Ariège gefertigt und im Rahmen von Schautänzen getragen, oftmals in Kombination mit aufwendigen Trachten. Der ansässige Schuhmacher Pascal Jusot stellt diese außergewöhnlichen Holzschuhe in feinster Handarbeit her, die vor allem in Folkloregruppen geschätzt werden.
Foto: Pascal Jusot, Sabot de Massat