Viele Spekulationen gab es nach Benedikts XVI. Rücktritt um den neuen Papst – an dem traditionellen roten Schuhwerk seines Nachfolgers gab es indes kaum Zweifel. Schon seit Jahrhunderten zieren rote Schuhe die Füße des aktuellen Papstes. Doch als Jorge Mario Bergoglio (76), besser bekannt als Papst Franziskus I., nach seiner Wahl vor über hunderttausend Gläubigen zum ersten Mal auf die Loggia des Petersdoms trat, blitzten unter den liturgischen Gewändern nicht die gewohnten roten Schuhe hervor. Wir lösen das Mysterium um das unkonventionelle Schuhwerk des neuen Pontifex Maximus.
Rotes Schuhwerk als Zeichen der Macht
Die Garderobe des Papstes folgt seit jeher einer strengen Kleiderordnung. So einzigartig wie sein Amt gestaltet sich auch die Kleidung des Oberhauptes der katholischen Kirche. Die Farbe Weiß ist beispielsweise allein dem Papst vorbehalten, der bei Messen und sakralen Feiern ansonsten zwischen grünen, violetten oder roten Gewändern wählt. Die roten Schuhe (seit vielen Jahren ebenfalls von Kardinälen und anderen hohen Priestern getragen) gehören dagegen zur Standardgarderobe des Papstes und blicken auf eine lange Tradition zurück.
Schon im Römischen Reich symbolisierte rote Fußbekleidung den gesellschaftlichen Status und stand allein den höchsten Amtsträgern zu, während sich die unteren Stände mit braunem oder schwarzem Schuhwerk begnügen mussten. Ursprünglich wechselte das Schuhwerk des Pontifex Maximus mit dem jeweiligen liturgischen Messgewand, doch im Laufe der Zeit setzte sich die rote Fußbekleidung durch. Das Rot, so heißt es, soll an die Kreuzigung und das Blut Christi erinnern. Die Theorie, Franziskus’ Vorgänger hätten ihre Schuhe bei einem berühmten Mailänder Modelabel in Auftrag gegeben, beruht allerdings auf einem weit verbreiteten Irrtum.
Der Schuhmacher des Papstes
Papst Benedikt XVI. vertraute bei seiner Fußbekleidung auf die fachkundigen Hände von Adriano Stefanelli aus Novara. Der italienische Schuhmacher hatte bereits für Johannes Paul II. Schuhe entworfen und seitdem Kardinäle, Monsignore und andere hohe Amtsträger mit seinen handgefertigten Herrenschuhen ausgestattet. Für Benedikt XVI. hat Stefanelli sogar einmal rote Bergwanderschuhe hergestellt.
Rund acht Tage braucht Stefanelli, bevor ein neues Paar Maßschuhe für den Papst fertig gestellt hat, für das er ausschließlich feines Kalbsleder verwendet. Der gläubige Katholik schickt je zwei Paar Sommer- und Winterschuhe in den Vatikan, ohne einen Cent für seine Arbeit zu verlangen. Die Schuhe sind ein Geschenk an das Oberhaupt der katholischen Kirche, das im Normalfall 1.200 Euro kostet.
Auch der in Rom lebende Antonio Arellano hatte bereits die Ehre, päpstliche Fußbekleidung anzufertigen – seine Schuhe durfte der gebürtige Peruaner Papst Benedikt XVI. sogar persönlich überreichen.
Papst lebt auf rotem Fuß
Die roten Schuhe des Papstes galten bei öffentlichen Auftritten als ebenso sicher wie das beachtliche Antrittsalter des göttlichen Stellvertreters – schließlich signalisiert das rote Schuhwerk zugleich die außergewöhnliche Macht des Papstes. Allein die jeweilige Rot-Nuancierung variiert von Papst zu Papst und zeigt den persönlichen Geschmack des Trägers.
Während Johannes Paul II. schlichte bordeauxrote Schuhe bevorzugte und zuweilen sogar braune oder schwarze Halbschuhe trug, machte Benedikt XVI. seinem Ruf als Mode-Papst in feuerrotem Schuhwerk alle Ehre. Der aktuelle Papst Franziskus lässt seine „Schäfchen“ indes staunen.
Unkonventionelle Papstschuhe als Statement für Volksnähe
Bei seinem ersten öffentlichen Auftritt verzichtete Papst Franziskus I. nicht nur auf das rote Schultermäntelchen und verschmähte das große Goldkreuz, sondern trug anstelle der roten Papstschuhe seine eigenen schwarzen Straßenschuhe. Auch bei seiner feierlichen Amtseinführung am 19.03.2013 hätte das weiße heilige Gewand des neuen Oberhaupts der katholischen Kirche nicht schlichter sein können.
Der erste Papst aus Lateinamerika setzt damit klare Zeichen in der Öffentlichkeit. Mit dem Verzicht auf die klassischen Insignien grenzt sich Bergoglio nicht nur bewusst von seinem Vorgänger ab, sondern präsentiert sich zugleich volksnah und bescheiden. Zweifellos standen auch dem neuen Papst neben aufwendig verzierter Kleidung, drei Paar roter Slipper in unterschiedlichen Größen zur Auswahl. Doch bevorzugte er stattdessen seine einfachen Schnürschuhe.
Viel wurde fortan über Franziskus’ Schuhwahl spekuliert. Vom Beginn einer neuen Ära war die Rede bis hin zu der ehe profanen Theorie, Bergoglios Füße seien für die üblichen Papstschuhe schlichtweg zu groß. Letztlich bleibt abzuwarten, inwieweit die einfachen schwarzen Schuhe des Papstes tatsächlich einer neuen Kirchenpolitik vorauseilen – denn wie heißt es so schön: „An ihren Taten sollt ihr sie erkennen!“ Bekannt ist allerdings, wer Franziskus rote Schuhe anfertigen wird, falls ihm irgendwann der Sinn danach stehen sollte.
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